AEET - Arbeitsstelle Edition und Editionstechnik

Die Arbeitsstelle Edition und Editionstechnik ist an der Universität Duisburg-Essen ist an der Fakultät für Geisteswissenschaften, insbesondere in der germanistischen Linguistik und Mediävistik beheimatet.

Die AEET als Lehr- und Forschungsprojekt

Die wesentliche Grundlage für die Arbeit mit Studierenden in der AEET sind bisher unveröffentlichte, handschriftliche Dokumente aus dem Archiv der Grafen v. Platen. Sie eignen sich in besonderer Weise als Arbeitsgrundlage, da die breite Zeitspanne und die unterschiedlichen Textsorten, die sie umfassen, die Möglichkeit bieten, die Anforderungen an die Studierenden nach Vorwissen und Vermögen individuell zu gestalten und nach ihren Interessen aus vielfältigen thematischen Möglichkeiten Schwerpunkte auszuwählen. Die Archivmaterialien eignen sich für mediävistische, linguistische und literaturwissenschaftliche Fragestellungen gleichermaßen.

Da in der AEET von verschiedenen DozentInnen unterschiedliche Seminare angeboten werden, steht es den Studierenden frei, entweder im Rahmen dieser Seminare Studien- oder Prüfungsleistungen zu erbringen oder langfristig im Projekt mitzuarbeiten und über das in den jeweiligen Studiengängen Geforderte hinaus Kenntnisse und Fertigkeiten zu erwerben. Viele Studierende, die zunächst ein Seminar besuchen, machen von dieser Möglichkeit Gebrauch und erschließen Themen für ihre Abschlussarbeiten, wirken bei möglichst vielen Arbeitsschritten mit, die die Erschließung des Archivs erfordert, um sich die Zeit in der AEET als Teilzeitpraktikum anerkennen zu lassen oder erwerben Kenntnisse, die für weiterführendes wissenschaftliches Arbeiten notwendig und nützlich sind. Eine ungewöhnlich intensive Betreuung der Studierenden ist möglich, weil neben hauptamtlichen DozentInnen auch emeritierte und pensionierte Kollegen und Doktoranden mit ihnen zusammen forschen oder sie bei ihren Forschungen beraten und unterstützen.

Die enge Bindung von Studierenden an die AEET zeigt sich darin, dass NachwuchswissenschaftlerInnen, die in anderen Fächern oder an anderen Universitäten eine Stelle gefunden haben, dennoch im Rahmen ihrer Möglichkeiten weiter im Projekt mitarbeiten und dass AbsolventInnen auch während des Referendariats und nachdem sie in Schulen arbeiten, Veranstaltungen der AEET besuchen. Dadurch haben Studierende, die ebenfalls eine wissenschaftliche oder schulische Karriere anstreben, die Möglichkeit, an deren Erfahrungen zu partizipieren.

Die Tagungsbände der AEET stehen in Papierform und seit 2020 auch open-access digital zur Verfügung.

Ziele

Urkunden, Dokumente, Akten, Briefe, fachliterarische Texte usw. in privaten und öffentlichen Archiven, die bisher nicht oder nur schwer zugänglich sind, werden unter Mitwirkung von Studierenden und Nachwuchswissenschaftler/inne/n digital aufbereitet, um sie für die wissenschaftliche Erforschung bereitzustellen, von der regionalgeschichtlichen Recherche bis zur sprach-, kultur- und literaturwissenschaftlichen Arbeit.

Die Texte werden digital erfasst, in einem Repositorium zusammengeführt und somit vielfältig auswertbar gemacht. Transkriptionen, Übersetzungen und Kommentare machen das Material für verschiedene universitäre und außeruniversitäre Nutzerkreise zugänglich.

In der Arbeitsstelle werden dazu Editionsverfahren, Erschließungsmethoden, Metadaten und Annotationsformate verwendet und entwickelt, die an die aktuellen Forschungsdateninfrastrukturen für Editionen, Korpora und Archive anschlussfähig sind (vgl. auch Methoden der AEET). Dabei verstehen wir die Arbeit als Teil der Digitalen Geisteswissenschaften (Digital Humanities).

Im Rahmen der Projektarbeit erlernen Studierende Arbeitstechniken, die auch außerakademisch in einem breiten Spektrum von Berufen relevant sind, die sich mit einem Studium der beteiligten Fächer – germanistische Linguistik, germanistische Mediävistik, Geschichte, Fremdsprachenphilologien, Bildungswissenschaften – verbinden: Archivarinnen, Bibliothekare, Journalistinnen, Lehrer, Lektorinnen, Pädagogen, fächerspezifische Softwareentwicklerinnen. Studierende vom Bachelor bis zur Doktorandin erhalten also die Möglichkeit zur Erlangung praxisnaher und zeitgemäßer Zusatzqualifikationen.

Die Daten werden mittelfristig über das Leibniz-Institut für Deutsche Sprache und Text+ in der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur eingebunden und langzeitarchiviert.

Methoden

Die Projekte der AEET verbinden vier philologische Vorgehensweisen:

  • philologisch-editorische Arbeit, angewendet auf Dokumente des Mittelalters und der (Frühen) Neuzeit (Sammlung, Aufnahme, Heuristik, Transkription, Übersetzung, Kommentar);
  • text- und pragmalinguistische Auswertung (Aspekte: Korpusbildung, Textsortentheorie und -klassifikation);
  • historische Auswertung und Kommentierung (allgemein und regionenspezifisch);
  • kulturwissenschaftliche Interpretation

mit den Ansätzen der Digital Humanities, Computerlinguistik und Texttechnologie zur Annotation, Organisation und Auswertung des digitalen Bestandes.

Die Editionswissenschaft hat im Kontext von Debatten der letzten ca. 30 Jahre einen neuen Aufschwung erlebt und sich dabei methodisch neu orientiert. Bei literarischen Texten in Manuskriptform geht es nicht mehr um die Rekonstruktion des vermeintlichen ‚Originals’‚ und die Bevorzugung von Leithandschriften bei der Edition hat sich ebenfalls überlebt, sobald man davon ausgeht, dass jeder Überlieferungszeuge eines Textes unter kulturwissenschaftlicher Perspektive einen eigenen heuristischen Wert besitzt. Diese Ansicht kann ihre argumentative Position verstärken unter Einbezug poststrukturalistisch orientierter Theorien der New Philology: Der ‚Tod des Autors’ (Barthes) hat im editorischen Bereich insofern Folgen, als alle Überlieferungszeugen als gleichwertig betrachtet werden müssen und eine Hierarchisierung (wie sie z.B. ein Stemma impliziert) keinen Wert mehr besitzt. Die editionstechnische Konsequenz dieses Paradigmenwandels besteht in der Suche nach Möglichkeiten, das gesamte Material verfügbar zu machen. Das Printmedium ist damit überfordert; digitale Präsentationsformen erlauben eher, die ganze Materialfülle zu präsentieren.

Handschriftliche dokumentierende Sachtexte (wie etwa Urkunden oder Verträge), die den Hauptgegenstand der „Arbeitsstelle Edition und Editionstechnik“ darstellen, sind zwar in der Regel unikal überliefert, so dass sich das Problem einer Hierarchisierung verschiedener Überlieferungsträger oft gar nicht stellt. Dafür sind diese jedoch vielseitig verwendbar – dies entspricht dem Anspruch der ‚Nachnutzbarkeit‘ oder Reusability in der Diskussion um Forschungsdaten: dieselbe Urkunde kann als Teil eines Textkorpus, als Quellenedition oder als Bestandteil eines Archivs für die historische Forschung erscheinen – die Anforderungen an interoperable Daten und Metadaten sind unterschiedlich und müssen entsprechend umgesetzt werden. Mit etwas anderer Schwerpunktsetzung gilt dies natürlich auch für literarische Texte.

Meist ist die Erschließung über Facsimiles schneller als die über die Transkription der Texte – dieses Ungleichgewicht bedeutet, dass den Metadaten und ihrer Verwaltung besonders große Bedeutung zukommt. In der Arbeit geht es also nicht nur um die Speicherung, sondern ganz wesentlich auch um die Praktikabilität von Auswertungsmöglichkeiten, die Auffindbarkeit (Metadatenerfassung), Zugänglichkeit und Interoperabilität von Forschungsdaten (z.B. gemäß den bekannten FAIR-Prinzipien).

Während die AEET vor Ort Ihre Daten fortschreibt, sollen referenzierbare Fassungen der Daten langzeitarchiviert werden. Dazu besteht eine Vereinbarung mit dem Leibniz-Institut für Deutsche Sprache, welches sein Langzeitarchiv auch in die Initiative Text+ innerhalb der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur in Deutschland einbringt.

Nutzungsbedingungen

Die erfassten Dokumente dürfen uneingeschränkt zu Forschungszwecken genutzt werden, sofern die betreffenden Forschungsarbeiten in Absprache mit der Arbeitsstelle und unter ihrer Begleitung durchgeführt werden. Ob und in welchem Maße sie auch einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen, entscheiden die Eigentümer der Dokumente, bei denen die Rechte an den Originalen und an den Digitalisaten verbleiben. Für das Archiv der Grafen v. Platen ist eine breite Zugänglichkeit vorgesehen.

Impressum

Arbeitsstelle Edition und Editionstechnik
z.Hd. Dr. Bernhard Fisseni
Universität Duisburg-Essen
Fakultät für Geisteswissenschaften
Institut für Germanistik
Universitätsstraße 12
45117 Essen
Deutschland
aeet@mail.de